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de:lehre:kinetik:ws2020:05:index

05. Lindemann-Mechanismus und vorgelagertes Gleichgewicht

Themen
Kontrolle der Geschwindigkeit chemischer Reaktionen
Vorgelagerte Gleichgewichte
Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus
Aktivierungsenergie zusammengesetzter Reaktionen
Folien
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Glossar
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Zentrale Aspekte

  • Der langsamste Schritt ist geschwindigkeitsbestimmend.
    Das lässt sich fernab des Gleichgewichts nutzen.
  • Die Reaktionsgeschwindigkeit kann sowohl kinetisch
    als auch thermodynamisch kontrolliert sein.
  • Vorgelagerte Gleichgewichte lassen sich mit Hilfe der
    Bodensteinschen Quasistationaritätsbedingung beschreiben.
  • Lindemann, Hinshelwood und andere konnten nachweisen,
    dass Stöße die treibende Kraft von Reaktionen sind.
  • Die Aktivierungsenergie einer Gesamtreaktion kann negativ sein,
    auch wenn alle Teilreaktionen Arrhenius-Verhalten zeigen.

Fragen zum Verständnis

Die nachfolgenden Fragen sollten sich mit den in der Vorlesung vermittelten Inhalten beantworten lassen und dienen der eigenständigen Nacharbeit bzw. Beschäftigung mit der Thematik.

  • Welchen Einfluss haben mehrere parallele Reaktionswege auf die Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit der einzelnen Reaktionswege? Welche Möglichkeiten (kinetisch und thermodynamisch) sehen Sie, für beide Reaktionswege die Geschwindigkeiten zu bestimmen? Wie ließe sich anhand kinetischer Untersuchungen herausfinden, ob mehr als ein Reaktionsweg real auftritt?
  • Welche Möglichkeiten gäbe es, die Ausbeute einer (komplexeren) Reaktion zu optimieren? Wie könnte das ganz praktisch aussehen?
  • Wie gehen Sie allgemein vor, um einen Prozess (z.B. hinsichtlich seiner Geschwindigkeit) zu optimieren? Was sind essentielle Voraussetzungen und Charakteristika dieses Vorgehens?
  • Was ist das grundsätzliche mechanistische Problem an einer Gasphasenreaktion, die strikt erster Ordnung abläuft? Wie hat der von Lindemann vorgeschlagene Mechanismus dieses Dilemma gelöst?
  • Wieso kann eine Reaktion eine negative Aktivierungsenergie aufweisen? Worauf weist dieses Phänomen hin? Warum ist für Reaktionen des Typs, wie sie von Lindemann und Hinshelwood untersucht wurden, dieses Phänomen eher unwahrscheinlich?

Eine kommentierte und handverlesene Liste mit weiterführender Literatur zum Thema. Die Auswahl ist zwangsläufig subjektiv.

Die Hauptinhalte der Vorlesung zum Nachlesen in den allgemeinen Lehrbüchern zur Physikalischen Chemie: Wedler [Wedler, 2012Wedler, Gerd; Freund, Hans-Joachim (2012): Lehrbuch der Physikalischen Chemie, Wiley-VCH, Weinheim], Kapitel 6.3.1/2; Atkins vierte Auflage [Atkins, 2006Atkins, Peter W.; de Paula, Julio (2006): Physikalische Chemie, Wiley-VCH, Weinheim] Kapitel 22.2.2/3; Atkins fünfte Auflage [Atkins, 2013Atkins, Peter W.; de Paula, Julio (2013): Physikalische Chemie, Wiley-VCH, Weinheim] Kapitel 21.2.2/3.

Darüber hinaus lesenswert, auch wenn nur noch antiquarisch erhältlich, weil er auf andere Aspekte eingeht: Logan [Logan, 1997Logan, Samuel R. (1997): Grundlagen der Chemischen Kinetik, WILEY-VCH, Weinheim] Kapitel 6.

  • Atkins, Peter W.; de Paula, Julio (2006): Physikalische Chemie, Wiley-VCH, Weinheim
  • Atkins, Peter W.; de Paula, Julio (2013): Physikalische Chemie, Wiley-VCH, Weinheim
  • Logan, Samuel R. (1997): Grundlagen der Chemischen Kinetik, WILEY-VCH, Weinheim
  • Wedler, Gerd; Freund, Hans-Joachim (2012): Lehrbuch der Physikalischen Chemie, Wiley-VCH, Weinheim

Lindemann-Mechanismus

Der Lindemann-Mechanismus wurde von Lindemann 1922 in der Diskussion zu einer anderen Arbeit vorgestellt [Lindemann, 1922Lindemann, F. A.; Arrhenius, Svante; Langmuir, Irving; Dhar, N. R.; Perrin, J.; Lewis, W. C. McC. (1922): Discussion on "the radiation theory of chemical action", Transactions of the Faraday Society 17:598-606] und später u.a. von Hinshelwood experimentell bestätigt. Eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung des Mechanismus war die Untersuchung der thermischen Zersetzung von N2O5 durch Daniels und Johnston [Daniels, 1921Daniels, Farrington; Johnston, Elmer H. (1921): The thermal decomposition of gaseous nitrogen pentoxide. A monomolecular reaction, Journal of the American Chemical Society 43:53-71]. Letzterer Artikel ist sehr lesenswert, zumal er zeigt, wie man Reaktionsordnung, Reaktionsgeschwindigkeiten bei unterschiedlichen Temperaturen und daraus dann die Aktivierungsenergie experimentell bestimmt.

  • Daniels, Farrington; Johnston, Elmer H. (1921): The thermal decomposition of gaseous nitrogen pentoxide. A monomolecular reaction, Journal of the American Chemical Society 43:53-71
  • Lindemann, F. A.; Arrhenius, Svante; Langmuir, Irving; Dhar, N. R.; Perrin, J.; Lewis, W. C. McC. (1922): Discussion on "the radiation theory of chemical action", Transactions of the Faraday Society 17:598-606

Prozessoptimierung

Wie in der Vorlesung angesprochen, ist die Optimierung der Reaktionsgeschwindigkeiten in der Kinetik nur ein Beispiel für Prozessoptimierungen, die dabei meist dem gleichen Grundschema folgen. Wer Interesse an einer anderen Perspektive auf diese Fragestellung hat, die viele Ähnlichkeiten bzgl. des Vorgehens bei der Optimierung aufweist, der sei auf die Vorlesung „Programmierkonzepte in den Naturwissenschaften“ verwiesen, und hier das betreffende Kapitel:

Stoffwechsel

Ein Beispiel für komplexe Netzwerke miteinander verknüpfter Reaktionen ist der Stoffwechsel (vermutlich das komplexeste bekannte solche Netzwerk). Wer Spaß daran hat und mehr wissen möchte, findet eine Karte der Stoffwechselwege von Hoffmann-La Roche (ein Ausschnitt davon ist auf den Folien zur Vorlesung zu sehen):

de/lehre/kinetik/ws2020/05/index.txt · Zuletzt geändert: 2020/12/04 15:17 von till